Artikel 16 des Landesgesetzes vom 4. Juli 2012, Nr. 12 („Ordnung der Lehrlingsausbildung“), legt fest, dass die Lehre zum Erwerb einer Qualifikation und eines Berufsbildungsdiploms mit einer Abschlussprüfung endet. Die Landesregierung genehmigt das Prüfungsprogramm für die einzelnen Lehrberufe; die Prüfungsverordnung wird mit Durchführungsverordnung erlassen.
In Umsetzung dieser Bestimmung wurde mit Dekret des Landeshauptmanns vom 3. Juni 2015, Nr. 15, die Verordnung über die Lehrabschlussprüfung erlassen. Artikel 6 der genannten Verordnung legt Folgendes fest: „Im Prüfungsprogramm für den jeweiligen Lehrberuf wird bestimmt, welche Kompetenzen, Fertigkeiten und Kenntnisse Gegenstand der Prüfung und der Bewertung sind. Das Programm enthält auch die Richtlinien für die Ausführung und Beschreibung des Arbeitsauftrages und für die Bewertung der Prüfungsaufgaben.“
Zur Vorbeugung und Bewältigung des epidemiologischen Notstandes aufgrund des COVID-2019 wurde mit Beschluss des Ministerrats vom 31. Jänner 2020 auf dem ganzen Staatsgebiet für sechs Monate der Ausnahmezustand in Bezug auf das Gesundheitsrisiko in Zusammenhang mit dem Auftreten von Krankheiten aufgrund übertragbarer Viren erklärt. Als dringende Maßnahme zur Eindämmung des Virus wurden u.a. auch die didaktischen Aktivitäten im Anwesenheitsmodus in den Schulen aller Art und Schulstufen bis zum 3. Mai 2020 ausgesetzt und mit Dekret des Ministerpräsidenten vom 26. April 2020 auf 17. Mai 2020 verlängert. Dies hat zur Folge, dass in dieser Zeit der theoretische Berufsschulunterricht für die Lehrlinge nur in Form von Fernunterricht durchgeführt werden kann und der praktische überhaupt nicht.
Die Landesregierung erachtet es daher für zweckmäßig, dass bei der Durchführung der Lehrabschlussprüfungen dieser Situation Rechnung getragen wird.
Die Landesregierung hat zu Punkt 1 des beschließenden Teils eine Stellungnahme der auf Landesebene repräsentativsten Organisationen der Arbeitgeber/ Arbeitgeberinnen eingeholt. Der Unternehmer-verband Südtirol, der Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister und der Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol befürworten die vorgeschlagene Bestimmung.
Der Beschluss der Landesregierung vom 9. Oktober 2018, Nr. 1027, enthält u.a. Bestimmungen zur Regelung der Diplomprüfungen für Schülerinnen und Schüler der Schulen der Berufsbildung. Artikel 15 Absatz 2 des genannten Beschlusses legt fest, dass in Ausbildungen, in denen das Betriebspraktikum mehr als 20% des Jahresunterrichts ausmacht, für die Zulassung zur Diplomprüfung auch das Betriebspraktikum positiv sein muss. Hinsichtlich der Zulassung von Privatistinnen und Privatisten legt Artikel 20 Absatz 2 des Beschlusses der Landesregierung Nr. 1027/2018 Folgendes fest: „Wenn für die Zulassung zur Diplomprüfung ein Praktikum Voraussetzung ist, muss der Privatist oder die Privatistin auch eine einschlägige Arbeitserfahrung nachweisen.“
Zumal aufgrund des epidemiologischen Notstandes während der Aussetzung der didaktischen Aktivitäten in den Schulen aller Art und Schulstufe auch die Betriebspraktika nicht durchgeführt werden können, erachtetet es die Landesregierung für notwendig, im Schuljahr 2019/2020 die Bestimmungen laut Artikel 15 Absatz 2 und Art. 20 Absatz 2 des genannten Beschlusses der Landesregierung Nr. 1027/2018 auszusetzen und die Praktikumsbewertung bei allen Schülerinnen und Schülern der Berufsbildung nicht vorzunehmen.
Laut Artikel 16 Absatz 1 des zitierten Beschlusses der Landesregierung Nr. 1027/2018 setzt sich die für die Durchführung der Diplomprüfung ernannte Prüfungskommission u.a. auch aus einem Experten bzw. einer Expertin oder einer Vertretung einer Berufsorganisation der oder die von der Führungskraft der Schule der Berufsbildung namhaft gemacht und ernannt wird. In jenen Fällen, in denen aufgrund des Notstandes bei der Durchführung der Diplomprüfung kein Praktikum stattfindet, kann davon abgesehen werden, einen Experten bzw. eine Expertin oder eine Vertretung einer Berufsorganisation als Kommissionsmitglied zu ernennen.
Dies vorausgeschickt,
beschließt
die Landesregierung
einstimmig in gesetzmäßiger Weise:
1. Für jene Lehrabschlussprüfungen, die im Zeitraum 1.5.2020 bis 31.1.2021 stattfinden und Kandidaten/Kandidatinnen betreffen, die im Schuljahr 2019/20 die Abschlussklasse der Berufsschule besucht haben, gelten folgende Richtlinien: Unter der Voraussetzung, dass die für den jeweiligen Lehrberuf auf Landesebene repräsentativsten Organisationen der Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen einverstanden sind, werden hauptsächlich jene Kompetenzen überprüft, die gemäß dem Lehrplan und bezogen auf das Schuljahr 2019/20 sowie dem betrieblichen Ausbildungsrahmenplan im jeweiligen Lehrberuf bis 4.3.2020 erworben worden sind. Die zuständigen Prüfungskommissionen sind angehalten, die Prüfungen, auch abweichend vom geltenden Prüfungsprogramm, an diesem Grundsatz auszurichten.
2. Beschränkt auf das Schuljahr 2019/2020 sind die Bestimmungen laut Artikel 15 Absatz 2 und laut Artikel 20 Absatz 2 des Beschlusses der Landesregierung vom 9. Oktober 2018, Nr. 1027, ausgesetzt; die Praktikumsbewertung wird bei allen Schülerinnen und Schülern der Berufsbildung nicht vorgenommen.
3. In jenen Fällen, in denen aufgrund des Notstandes bei der Durchführung der Diplomprüfung kein Praktikum stattfindet, kann davon abgesehen werden, im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe d des Beschlusses der Landesregierung vom 9. Oktober 2018, Nr. 1027, einen Experten bzw. eine Expertin oder eine Vertretung einer Berufsorganisation als Kommissionsmitglied zu ernennen.