Die Landesregierung
mit Landesgesetz vom 17. Dezember 2015, Nr. 16, wurden Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe erlassen und damit die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Modernisierung des Öffentlichen Auftragswesens umgesetzt und die Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe in Südtirol abgeändert,
der staatliche Gesetzgeber hat mit gesetzesvertretendem Dekret vom 31. März 2023, Nr. 36, gemäß Ermächtigungsgesetz vom 21. Juni 2022, Nr. 78, den neuen Vergabekodex erlassen, zwecks Anpassung der Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe dem europäischen Recht und den Grundsätzen der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes sowie der nationalen und supranationalen Höchstgerichten, und um die geltenden Bestimmungen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe von Bauarbeiten, Dienstleistungen und Lieferungen zu rationalisieren, neu zu ordnen und zu vereinfachen, sowie um die Einleitung von Verstoßverfahren seitens der europäischen Kommission zu verhindern und um die bereits eingeleiteten Verfahren beizulegen,
der staatliche Gesetzgeber hat den gesetzlichen Rahmen der öffentlichen Aufträge somit abgeändert,
nach Einsicht in das G.v.D. vom 31. März 2023, Nr. 36 mit dem Titel: "Kodex des öffentlichen Auftragswesens in Umsetzung von Artikel 1 des Gesetzes Nr. 78 vom 21. Juni 2022 zur Ermächtigung der Regierung im Bereich des öffentlichen Auftragswesens", mit den entsprechenden Ergänzungen, in Kraft getreten am 1. April 2023 und wirksam ab 1. Juli 2023, vorbehaltlich spezifischer Übergangsbestimmungen,
auf der Grundlage von Artikel 2 des erwähnten Ermächtigungsgesetzes Nr. 78/2022 und des Artikels 224, Absatz 8 des GvD Nr. 36/2023 passen die Autonomen Provinzen Trient und Bozen ihre Gesetzgebung an, unter Beachtung der Bestimmungen, die in den eigenen Statuten sowie in den entsprechenden Durchführungsbestimmungen enthalten sind,
nach Artikel 8 des Autonomiestatuts ( D.P.R. 31. August 1972, Nr. 670) erfolgt die Ausübung der Gesetzgebungsbefugnis des Landes unter Achtung der grundlegenden Bestimmungen der wirtschaftlich-sozialen Reformen der Republik und gemäß Artikel 2 des gesetzesvertretenden Dekrets vom 16. März 1992, Nr. 266 muss die Gesetzgebung des Landes innerhalb von sechs Monaten und innerhalb der oben genannten Grenzen, der Gesetzgebung des Staates angepasst werden,
unter Berücksichtigung, dass der Art. 1, Absatz 1 des Legislativdekrets vom 7. September 2017, Nr. 162 (Durchführungsbestimmungen zum Sonderstatut für die Region Trentino-Südtirol in Sachen öffentliche Aufträge) festhält, dass das Land bei den Vergabeverfahren und für die öffentlichen Bau-, Dienstleistungs- und Lieferaufträge, einschließlich deren Ausführungsphase primäre Zuständigkeit hat,
unter Berücksichtigung, dass die Autonome Provinz Bozen das eigene Durchführungsgesetz vom 16. Juni 2023, Nr. 11, über "Änderungen des Landesgesetzes vom 17. Dezember 2015, Nr. 16 "Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe" erlassen hat,
nach Einsicht in den Art. 26, Absatz 5 des Landesgesetzes Nr. 16/2015 i.g.F., welcher Folgendes vorsieht: „Die Landesregierung genehmigt Anwendungsrichtlinien, in denen die objektiven Kriterien zur Ermittlung des eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses festgelegt sind“,
unter Berücksichtigung, dass mit eigenem Beschluss vom 27. Juni 2023, Nr. 548 die APB-Anwendungsrichtline Nr. 10 betreffend „Objektive Kriterien zur Feststellung des Vorliegens eines eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses“ genehmigt wurde,
Nachdem festgestellt wurde, dass bei der Umsetzung der genannten Anwendungsrichtlinie einige Schwierigkeiten aufgetreten sind, die einen Eingriff zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren erfordern,
Angesichts der Tatsache, dass die neue Formulierung der Anwendungsrichtlinie objektive Kriterien für die Feststellung eines eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses einführt, im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs (s. Punkt 31 des Urteils vom 15.5.2008, verbundene Verfahren C 147/06 und C 148/06, EuGH),
Festgestellt, dass die neue Anwendungsrichtlinie hauptsächlich die folgenden Bereiche betrifft:
1. Beziehung zwischen dem eindeutigen grenzüberschreitenden Interesse und 10. Abschnitt – „Soziale und andere besondere Dienstleistungen“ des LG Nr. 16/2015 i.g.F.
Auf Anfrage des Rats der Gemeinden hatte man die Präzisierung eingefügt, dass die Regelung der APB-Anwendungsrichtlinie Nr. 10 für die Aufträge des 10. Abschnittes nicht angewandt wird. Um eventuelle Auslegungszweifel dieser Bestimmung zu vermeiden, wird in der neuen Fassung klargestellt, dass diese Aufträge von der Anwendung der Anwendungsrichtlinie, und im Allgemeinen von der Anwendung der gesamten Regelung des eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses ausgenommen sind.
2. Überwindung der mutmaßlichen Indikatoren in Bezug auf die Kilometerentfernungen von der Staatsgrenze und analytische Angabe der Bewertungselemente
Bei der ersten Anwendung der Richtlinie APB Nr. 10 wurde die Notwendigkeit erkannt, die mutmaßlichen Indikatoren in Bezug auf die Kilometerentfernungen von der Staatsgrenze zur Republik Österreich zu überwinden. Daher wird der Verweis auf die Tabelle, die dem Beschluss der Landesregierung vom 2. April 2012, Nr. 522, beigefügt ist, gestrichen. In der neuen Formulierung werden daher die Bewertungselemente angegeben, die im Zusammenhang mit dem Auftrag stehen und gemeinsam zu berücksichtigen sind (s. Abs. 3).
3. Festlegung der mutmaßlichen Indikatoren in Bezug auf den Ausschreibungsbetrag, unterhalb deren das Nichtvorliegen eines eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses vermutet wird
In der neuen Formulierung werden mutmaßliche Indikatoren bereitgestellt, um die nicht Relevanz der Beträge im Rahmen der Beurteilung über das Vorliegen eines eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses festzustellen (siehe Absatz 2, letzter Satz). Der Indikator für Dienstleistungen und Lieferungen beträgt weniger als 140.000 Euro und wird vom Schwellenwert für Direktvergaben abgeleitet (Art. 26, L.G. Nr. 16/2015 i.g.F.). Für den Bereich der Arbeiten wird der Indikator auf 500.000 Euro festgelegt und entspricht damit der Schwelle, innerhalb derer die Vergabestellen Arbeiten ohne Qualifizierung direkt und autonom vergeben können (Art.62, Absatz 1, GvD Nr. 36/2023).
4. Präzisierung der Rolle der Bekanntmachung
In der neuen Formulierung wird klargestellt, dass das Ergebnis der Bekanntmachung, die darauf abzielt, das tatsächliche Interesse von Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten zu prüfen, unter Buchstabe e) der Anwendungsrichtlinie fällt, also unter "weitere gegebenenfalls relevante Elemente, die von der Vergabestelle im Zusammenhang mit dem spezifisch zu vergebenden Auftrag, ermittelt werden". Die Veröffentlichung der Bekanntmachung stellt daher lediglich eine Möglichkeit für die Vergabestelle dar, weitere Bewertungselemente zu erlangen. Das Ergebnis der Veröffentlichung ist ein nützliches, wenn auch nicht prioritäres Element für die konkrete Bewertung hinsichtlich der Feststellung eines eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses. Darüber hinaus stellt das Ergebnis ein Element dar, das vom "Vorliegen von Meldungen oder Interessensbekundungen von Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union" gemäß Buchstabe d) getrennt ist, welches sich stattdessen auf frühere Meldungen oder Bekundungen im Rahmen der Prüfung des tatsächlichen Interesses von Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten bezieht.
Aufgrund des Vermerks, der an den Rat der Gemeinden mit Prot. Nr. 56188 vom 2. August 2023 gesendet wurde, gemäß Art. 6 des Landesgesetzes vom 8. Februar 2010, Nr. 4,
zur Kenntnis genommen, dass der Rat der Gemeinden in seiner Sitzung vom 4. August 2023 mehrheitlich eine bedingte befürwortende Stellungnahme zu dem vorgeschlagenen Text abgegeben hat,
festgestellt, dass der Rat der Gemeinden seine positive Stellungnahme an folgende Bedingungen geknüpft hat:
a) Platzierung an einer anderen Stelle der Vorschrift, nach der “Sofern vom EPV nicht anders beurteilt, kann das Nichtvorliegen eines grenzüberschreitenden Interesses bei Vergaben mit einem geschätzten Wert unter 140.000 Euro für Lieferungen und Dienstleistungen und unter 500.000 Euro für Bauarbeiten angenommen werden.“, die zuvor am Ende von Abschnitt 2 stand.
b) Einfügung der Klarstellung in Absatz 3 Buchstabe a), wonach der Betrag nur dann ein Bewertungselement ist, wenn er die in der Anwendungsrichtline genannten Indikatoren übersteigt.
für angemessen erachtet, zu den vorgebrachten Bemerkungen wie folgt Stellung zu nehmen:
a) der erste Vorschlag kann angenommen werden; die neue Platzierung der Bestimmung hebt eine wichtige Vereinfachungs- und Entbürokratisierungsmaßnahme, die mit der Anwendungsrichtlinie eingeführt wurde, hervor,
b) der zweite Vorschlag kann, aus Gründen der internen Kohärenz der Anwendungsrichtlinie, die bereits in den Prämissen ein Mechanismus einführt, welches sich auf mutmaßliche Indikatoren betreffend den Auftragswert stützt, nicht angenommen werden,
nach Einsicht in die Mitteilung an die Mitglieder und an die Ersatzmitglieder des Lenkungs- und Koordinierungsbeirats der Agentur für öffentliche Verträge mit Prot. Nr. 56185 vom 2 August 2023, mit welcher dieselben ersucht wurden, ein Gutachten in Bezug auf den Änderungsvorschlag der Anwendungsrichtlinie zu erteilen und eventuelle Anmerkungen schriftlich vorzulegen,
festgestellt, dass sich am 07. August 2023 der Lenkungs- und Koordinierungsbeirat der Agentur für öffentliche Verträge versammelt hat und dass dieser, wie aus der Niederschrift mit demselben Datum hervorgeht, mehrheitlich eine befürwortende Stellungnahme (9 Ja-Stimmen, 1 Gegenstimme und 1 Enthaltung) abgegeben hat,
nach Einsicht in die beiliegende, neue und geänderte Anwendungsrichtlinie, die wesentlichen Bestandteil des gegenständlichen Beschlusses bildet,
zur Kenntnis genommen, dass der gegenständliche Beschluss von der Agentur für öffentliche Verträge erstellt wurde, welche mit Mitteilung vom 3. August 2023, Prot. Nr. 641172, ihre Übereinstimmung mit den geltenden Rechtsvorschriften bestätigt hat, und mit Mitteilung vom 7. August 2023, Prot. Nr. 663452, die korrigierte Fassung übermittelt hat;
beschließt
einstimmig in gesetzmäßiger Weise
1. die neue Formulierung der APB-Anwendungsrichtlinie Nr. 10 (Objektive Kriterien zur Feststellung des Vorliegens eines eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses) im Text, der im Anhang dieser Maßnahme enthalten ist und wesentlichen Bestandteil derselben bildet, zu genehmigen,
2. die Agentur zu ermächtigen, erforderlichenfalls nicht wesentliche Änderungen an der oben genannten Anwendungsrichtlinie vorzunehmen,
3. dass die Bestimmungen dieser Anwendungsrichtlinie ab dem Tag der Genehmigung des gegenständlichen Beschlusses wirksam sind;
4. zu verfügen, dass dieser Beschluss auf der Webseite der Agentur für öffentliche Verträge und gemäß Artikel 28 des Landesgesetzes vom 22. Oktober 1993, Nr. 17, in geltender Fassung, im Amtsblatt der Region veröffentlicht, da die Maßnahme eine bestimmte Personengruppen betrifft.
Anwendungsrichtlinie Nr. 10