(1) Staat und Regionen üben unter Wahrung der Verfassung sowie der aus der gemeinschaftlichen Rechtsordnung und aus den internationalen Verpflichtungen erwachsenden Einschränkungen die Gesetzgebungsbefugnis aus.
(2) Für nachstehende Sachgebiete besitzt der Staat die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis:
- a) Außenpolitik und internationale Beziehungen des Staates; Beziehungen des Staates mit der Europäischen Union; Asylrecht und rechtliche Stellung der Bürger von Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören;
- b) Einwanderung;
- c) Beziehungen zwischen der Republik und den religiösen Bekenntnissen;
- d) Verteidigung und Streitkräfte; Sicherheit des Staates; Waffen, Munition und Sprengstoffe;
- e) Währung, Schutz der Spartätigkeit und Kapitalmärkte; Schutz des Wettbewerbs; Währungssystem; Steuersystem und Rechnungswesen des Staates; Harmonisierung der öffentlichen Haushalte; Finanzausgleich; 31)
- f) Organe des Staates und entsprechende Wahlgesetze; staatliche Referenden; Wahl zum Europäischen Parlament;
- g) Aufbau und Organisation der Verwaltung des Staates und der gesamtstaatlichen öffentlichen Körperschaften;
- h) öffentliche Ordnung und Sicherheit, mit Ausnahme der örtlichen Verwaltungspolizei;
- i) Staatsbürgerschaft, Personenstand- und Melderegister;
- l) Gerichtsbarkeit und Verfahrensvorschriften; Zivil- und Strafgesetzgebung; Verwaltungsgerichtsbarkeit;
- m) Festsetzung der wesentlichen Leistungen im Rahmen der bürgerlichen und sozialen Grundrechte, die im ganzen Staatsgebiet gewährleistet sein müssen;
- n) allgemeine Bestimmungen über den Unterricht;
- o) Sozialvorsorge;
- p) Wahlgesetzgebung, Regierungsorgane und grundlegende Aufgaben der Gemeinden, Provinzen und Großstädte mit besonderem Status;
- q) Zoll, Schutz der Staatsgrenzen und internationale vorbeugende Maßnahmen;
- r) Gewichte, Maße und Festsetzung der Zeit; Koordinierung der statistischen Information und informatische Koordinierung der Daten der staatlichen, regionalen und örtlichen Verwaltung; Geisteswerke;
- s) Umwelt-, Ökosystem- und Kulturgüterschutz.
(3) Folgende Sachgebiete gehören zur konkurrierenden Gesetzgebung: die internationalen Beziehungen der Regionen und ihre Beziehungen zur Europäischen Union; Außenhandel; Arbeitsschutz und -sicherheit; Unterricht, unbeschadet der Autonomie der Schuleinrichtungen und unter Ausschluß der theoretischen und praktischen Berufsausbildung; Berufe; wissenschaftliche und technologische Forschung und Unterstützung der Innovation der Produktionszweige; Gesundheitsschutz; Ernährung; Sportgesetzgebung; Zivilschutz; Raumordnung; Häfen und Zivilflughäfen; große Verkehrs- und Schifffahrtsnetze; Regelung des Kommunikationswesens; Produktion, Transport und gesamtstaatliche Verteilung von Energie; Ergänzungs- und Zusatzvorsorge; Koordinierung der öffentlichen Finanzen und des Steuersystems; Aufwertung der Kultur- und Umweltgüter und Förderung und Organisation kultureller Tätigkeiten; Sparkassen; Landwirtschaftsbanken, Kreditinstitute regionalen Charakters; Körperschaften für Boden- und Agrarkredit regionalen Charakters. Unbeschadet der dem staatlichen Gesetzgeber vorbehaltenen Befugnis zur Festsetzung wesentlicher Grundsätze steht die Gesetzgebungsbefugnis für Sachgebiete der konkurrierenden Gesetzgebung den Regionen zu. 32)
(4) Für alle Sachgebiete, die nicht ausdrücklich der staatlichen Gesetzgebung vorbehalten sind, steht den Regionen die Gesetzgebungsbefugnis zu.
(5) Die Regionen und die Autonomen Provinzen Trient und Bozen nehmen für die in ihre Zuständigkeit fallenden Sachgebiete an den Entscheidungen im Rahmen des Rechtssetzungsprozesses der Europäischen Union teil und sorgen für Anwendung und Durchführung von völkerrechtlichen Abkommen und Rechtsakten der Europäischen Union; dabei sind die Verfahrensbestimmungen zu beachten, die mit Staatsgesetz festgesetzt werden, durch das die Einzelheiten der Ausübung der Ersetzungsbefugnis in Fällen der Untätigkeit geregelt sind.
(6) Vorbehaltlich der Übertragung der Befugnisse an die Regionen steht die Verordnungsgewalt für Sachgebiete der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis dem Staat zu. Für alle weiteren Sachgebiete steht die Verordnungsgewalt den Regionen zu. Gemeinden, Provinzen und Großstädte mit besonderem Status besitzen die Verordnungsgewalt für die Regelung der Organisation und der Wahrnehmung der ihnen zuerkannten Aufgaben.
(7) Die Regionalgesetze beseitigen sämtliche Hindernisse, welche der vollständigen Gleichbehandlung von Mann und Frau in Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft entgegenstehen, und fördern die Chancengleichheit von Mann und Frau beim Zugang zu Wahlämtern.
(8) Die Vereinbarungen einer Region mit anderen Regionen zur besseren Ausübung der eigenen Funktionen werden einschließlich der Einrichtung gemeinsamer Organe mit Regionalgesetz ratifiziert.
(9) Die Region kann für Sachgebiete in ihrem Zuständigkeitsbereich Abkommen mit Staaten und Vereinbarungen mit Gebietskörperschaften eines anderen Staates in den durch Staatsgesetzen geregelten Fällen und Formen abschließen.33)