Urteil vom 22. Novembre 2007, Nr. 339; Präs. Rossi Dordi, Verf. Demattio
Die implizite Anerkennung eines Verwaltungsaktes als Hindernis für dessen Anfechtung ist nur dann gegeben, wenn das Verhalten des Klägers eindeutig seinen Willen bekundet, sich mit dem nachher angegriffenen Verwaltungsakt abzufinden. Dieser Fall tritt nicht ein, wenn der Anfechtungskläger der Aufhebung auf dem Verwaltungswege eines Wettbewerbes, demzufolge der Zuschlag zu seinem Gunsten vorgeschlagen worden war, an dem neu ausgeschriebenen Wettbewerb mit dem Vorbehalt teilnimmt, „das gesamte Verfahren anzufechten, sollte ein anderer Mitbewerber den Zuschlag erhalten.“
Grundsätzlich ist es der öffentlichen Verwaltung anheimgestellt, eigene, rechtswidrig bzw. fehlerhaft erachtete Akte auf dem Selbstschutzweg aufzuheben. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen eines öffentlichen Interesses, das über das Interesse der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes hinausgeht und bei Berücksichtigung involvierter privater Interessen, welche durch den Verwaltungsakt eine „Konsolidierung erfahren haben, überwiegt. Bei begünstigenden Akten besteht die Schutzwürdigkeit subjektiv darin, dass der Betroffene auf den Fortbestand des Aktes aufgrund der Rechtmäßigkeitsvermutung der Akte der öffentlichen Verwaltung vertrauen kann und, objektiv, in der Erwartung, dass die Verwaltung nach den Regeln einer korrekten Verwaltungsführung ihre Maßnahmen setzt und dabei auch die involvierten, privaten Interessen im Auge hat. Selbstredend ist hier von verfahrensabschließenden Maßnahmen die Rede, denn nur solche entfalten ihre eigentümlichen, rechtlich relevanten Wirkungen.
Eine Schadenersatzklage aus dem Titel der vorvertraglichen Haftung (culpa in contrahendo), welche unabhängig von der gerichtlichen Aufhebung eines Verwaltungsaktes und dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden kann, ist in Anwendung des Art. 1337 ZGB („Bei der Führung von Verhandlungen und bei der Errichtung des Vertrages haben sich die Parteien nach Treu und Glauben zu verhalten“) auch in den Vergabeverfahren im Falle der Aufhebung im Selbstschutzwege denkbar, soweit die allgemeinen Voraussetzungen für eine zivilrechtliche Haftung gegeben sind.