Urteil vom 30. Settember 2002, Nr. 439; Präs. Widmair - Verf. Demattio
Aufgrund der Art. 19 und 20 des Landesraumordnungsgesetzes vom 11. August 1997, Nr. 13 ist der Bauleitplan grundsätzlich als ein zusammengesetzter, mehrstufiger Verwaltungsakt zu betrachten, welcher zwar eine getrennte, aber im Prinzip einvernehmliche Willensäußerung der Gemeinde und der Landesbehörde voraussetzt, weshalb schon allein deshalb eine einseitige Änderung des Planentwurfes seitens der Landesregierung nur als Ausnahme aufgrund ausdrücklich vom Gesetz vorgesehenen Fällen denkbar ist.
Im Rahmen der verfassungsrechtlich verankerten Gemeindeautonomie sind die Entscheidungen hinsichtlich der Nutzung des Gemeindegebietes, einschließlich der örtlichen Raumplanung, grundsätzlich der Gemeinde vorbehalten, während der Landesverwaltung diesbezüglich nur eine allgemeine Richtlinien – Überwachungs- und Kontrollbefugnis zusteht.
Die im Art. 20 des L.G. vom 11. August 1997 Nr. 13 vorgesehenen Eingriffsmöglichkeiten seitens der Landesregierung in den Inhalt des vom Gemeinderat beschlossenen Bauleitplanes sind im Lichte dieser Prinzipien zu interpretieren, wobei zwischen den „erforderlichen (Abs. 1, Buchstabe A, Punkt 2) und „nötigen (Abs. 1, Buchstabe A, Punkt 3) Änderungen zu unterscheiden ist.
Während im ersteren Fall die Landesregierung ohne Miteinbeziehung der Gemeinde entscheidet, müssen im zweiten Fall die beabsichtigten Änderungen der Gemeinde vorgeschlagen werden, welcher, vor der Entscheidung der Landesregierung, das Recht auf Gegenäußerungen einzuräumen ist. In beiden Fällen ist die Landesregierung an die Begründungspflicht gehalten: Im ersteren Fall mit dem erläuterten Hinweis auf mindestens einen der vier taxativ im Gesetz vorgesehenen Fällen, im zweiten Fall in eingehender Auseinandersetzung mit den Gegenäußerungen der Gemeinde, unter Berücksichtigung derer spezifischen Planungsinteressen und mit der eventuellen Abwägung dieser Belange mit übergemeindlichen Interessen.
Im Falle der „nötigen Änderungen handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Landesregierung (der deutsche Text des Gesetzes, der von „nötigen Änderungen spricht, ist irreführend, der – ausschlaggebende – italienische Text spricht von zweckmäßigen („opportune“) Änderungen), welche im Rahmen der ihr von der Rechtsordnung erteilten Ermessensermächtigung zu treffen ist. Um die Grenzen des Ermessens abzustecken, ist von den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinden gemäß Art. 128 der Verfassung auf dem Gebiet der raumplanerischen Gestaltung des Gemeindegebietes auszugehen. So darf die Landesregierung nicht direkt in die Planungsbefugnisse der Gemeinde, welche dieser institutionell zustehen, direkt eingreifen – dies würde ja bedeuten, dass der Bauleitplan von der Landesbehörde ex auctoritate erstellt werden könnte – sondern sie darf nur in Ausübung ihrer Richtlinien-Überwachungs- und Kontrollbefugnis, im Interesse einer organischen, landesumfassenden und vernünftigen Raumordnung tätig werden, wobei bei der Zweckmäßigkeitsbewertung der zu beschließenden Änderungen die Gemeinde – aktiv und nicht nur beratend – miteinzubeziehen ist und auf ihre Argumente mit plausiblen Gegenargumenten einzugehen ist.
Die in Punkt B. 2 des Landesentwicklungs- und Raumordnungsplanes, genehmigt mit L.G. vom 18. Jänner 1995, Nr. 3, vorgesehenen Nettosiedlungsdichten gelten nur für die neuen Wohnbauzonen: Dafür spricht nicht nur eine wörtlichen Auslegung der Bestimmung, sondern der programmatische Charakters des LEROP, der zwar im Interesse der Grundeinsparung und Vermeidung der Zersiedlung Mindestsiedlungsdichten festgesetzt hat, diese jedoch, vernünftigerweise, nicht zwingend für bereits bestehende, harmonisch gewachsenen Siedlungen rückwirkend bestimmt haben kann.