Einführung
Die Kommission für die Überarbeitung des Biennium-Lehrplans Italienisch/Zweite Sprache an deutschen Oberschulen Südtirols möchte diese Rahmenrichtlinien anbieten, und zwar auch im Hinblick auf die Oberstufenreform oder wenigstens deren Neustrukturierung, die mit dem Biennium beginnt.
Der vorliegende Lehrplan folgt den Richtlinien der Brocca-Programme und dem Lehrplan für Deutsch/Muttersprache sowie den Richtlinien der EG. Er bezieht sich auf den Unterricht für Italienisch/Zweite Sprache an den deutschen Pflichtschulen und hat den Anspruch, dessen logische, juridische und didaktisch-wissenschaftliche Fortsetzung zu sein. Die Ausarbeitung des Lehrplans hat eine Reihe von Problemen aufgeworfen, die nicht immer nur auf rein fachliche Forderungen zurückzuführen sind: wenn die Ziele und Strategien einerseits als Fortsetzung der Grund- und Mittelschule und als Vorbereitung für das Triennium zu begreifen sind, müssen sie gleichzeitig den besonderen Bedürfnissen genügen, welche sich aus der Eingliederung in die Südtiroler Gesellschaft ergeben.
Das bedingt vor allem eine sorgfältige lang-, mittel- und kurzfristige Planung von Unterrichtsschritten und didaktischen Strategien, die Nutzung von Fachräumen und verschiedenen Medien sowie die Verwirklichung von Maßnahmen, wie zum Beispiel Schüleraustausche und andere Kontakte zwischen Klassen und Schülern von Schulen einer anderen Sprache, die Durchführung von Projekten mit dem Ziel, sich eine interkulturelle Kompetenz anzueignen, integrierte Didaktik zwischen Muttersprache und Zweitsprache und schließlich die Anwendung von Methoden und Kontrollverfahren für einen Sprachunterricht, der die ganzheitliche Bildung des Menschen und Bürgers zum Ziel hat.
Das Konzept einer gemeinsamen "Spracherziehung" - als primäre Zielsetzung vom Sprachunterricht und vorrangiges Ziel für fächerübergreifendes Lernen - ermöglicht es, sowohl auf wissenschaftlichem Wege als auch in der Praxis wechselseitige Abhängigkeiten von Fächern zu erkennen und zu beschreiben, vor allem von Italienisch, Deutsch und anderen Sprachen.
So mag sich eine offene Haltung des Verstehens entwickeln, welche es gestattet, sich in Kulturen zu vertiefen und einzuleben, welche von der eigenen verschieden sind, und darin den Vorteil einer persönlichen und sozialen Bereicherung zu sehen, in dem Bewußtsein, in einem europäischen Sinne zum friedlichen Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol beizutragen.
Die Hinweise zu den Inhalten und Methoden des Lehrplans betreffen nur die wesentlichen Lernziele, wobei allerdings eine erschöpfende Auflistung von Inhalten nicht vorgesehen ist; ihre Festlegung und Auswahl fällt im Rahmen der zuständigen Mitbestimmungsgremien in die Entscheidung der Lehrer.
Der Lehrplan gliedert sich in die folgenden fünf Abschnitte:
- - Allgemeine Unterrichtsziele
- - Lernziele
- - Inhalte
- - Methodische Hinweise
- - Lernzielkontrolle und Bewertungsverfahren.
Allgemeine Unterrichtsziele
Die Zielsetzungen des Faches Italienisch/Zweitsprache sind im Rahmen der allgemeinen Bildungstätigkeit der Schule zu sehen, zu der alle Fächer - ein jedes durch seine ihm eigenen Ausdrucksmittel - beitragen. Genauer gesagt, gehört Italienisch mit der Muttersprache Deutsch und den Fremdsprachen zu dem fächerübergreifenden Bereich der Spracherziehung und stellt, wie jedes andere Sprachsystem auch, eine besondere Form dar, die Gegebenheiten der Wirklichkeit zu ordnen und individuelle und kollektive Erkenntnisse und Erfahrungen mitzuteilen. Indem dieser Unterricht den kulturellen Wandel der Gemeinschaft aufgreift, wird er darüber hinaus zu einem Faktor, der zur Änderungsbereitschaft erzieht.
Italienisch/Zweitsprache muß immer auch die Gesamtentwicklung der Schüler im Auge behalten. Dabei sind folgende Ziele anzustreben:
- - eine humane, soziale und kulturelle Bildung des Jugendlichen, über den Zugriff zu einer Realität, die anders ist als die eigene,
- - die Kenntnis der italienischen Sprache, die als Kommunikationsmittel für eine echte Teilnahme am sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in dieser ganz besonderen Situation unerläßlich ist,
- - die Interaktion zwischen Deutsch-, Italienisch- und Ladinischsprachigen,
- - die Reflexion über italienische Sprache und Kultur, die in einer vergleichenden Gegenüberstellung mit der deutschen Sprache und Kultur zum Verständnis und zur Anerkennung der Anderssprachigen führt,
- - die Entwicklung der allgemeinen Denkformen durch die Sprachbetrachtung und das Festigen von analytischen und synthetischen Denkprozessen.
Lernziele
Im Verlauf des Bienniums sind die in der Mittelschule erreichten Fähigkeiten der Schüler zu festigen und zu erweitern.
Verstehen und Sprechen: in den sprachlichkommunikativen Grundfertigkeiten müssen die Schüler am Ende des Bienniums eine Sprach- und Kommunikationskompetenz erreichen, die sie befähigt:
- - den Sinn einer Konversation über alltägliche Inhalte bei normalem Sprechtempo zu verstehen, - die Botschaften der Massenmedien (Zeitung, Radio, Fernsehen, Film usw.) zu Themen von allgemeinem Interesse über kulturelle und sportliche Veranstaltungen in ihrer Bedeutung zu erfassen und klar und deutlich den Gesichtspunkt und die Absichten des Senders zu erkennen,
- - Gemütsbewegungen auszudrücken, persönliche Erlebnisse zu erzählen, Ideen zu formulieren, eigene Meinungen über verschiedene Probleme zu äußern und zu verteidigen, kurze Berichte zu verschiedenen Inhalten zu fertigen,
- - Texte zu verschiedenen Situationen gezielt als Erzählung, Beschreibung und Argumentation zu verfassen,
- - bewußt die Mittel der Prosodie (Intonation, Lautstärke, Rhythmus) und der Proxemik (Gestik, Körperhaltung, Sprechrichtung) als Faktoren zu erkennen und zu verwenden, welche die Wirkung der Rede unterstützen.
Lesen und Schreiben: der Schüler muß fähig sein:
- - Interesse und Freude an der Lektüre zu entwickeln, um sich je nach dem Zweck des Lesens der Zugänge zu den verschiedenen Textformen bewußt zu werden,
- - moderne und zeitgenössische literarische Texte zu verstehen und zu interpretieren und gleichzeitig die Gattungsmerkmale zu erkennen,
- - aus einem bekannten Kontext die Bedeutung von noch nicht bekannten Elementen der Wort-, Form- und Satzlehre zu erschließen,
- - die verschiedenen Lesetechniken anzuwenden, - schriftliche Texte verschiedener Typologie und Thematik als Ganzes und in den Einzelheiten zu verstehen,
- - Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Sprechen und Schreiben zu erkennen und die Schreibkonventionen zu beachten,
- - die einzelnen Phasen des Schreibprozesses (Sammeln, Konzipieren, Planen, Korrigieren, Redigieren) zu unterscheiden und sie angemessen anzuwenden,
- - schriftliche Gebrauchstexte zu erstellen, Zusammenfassungen und Berichte zu verfassen, Umwelt, Personen und Erfahrungen zu beschreiben, - Texte aus Fiktion und Phantasie zu schreiben, eigene Lebenserfahrungen und Ereignisse zu erzählen und dabei genau auf die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung zu achten,
- - einwandfrei nach Diktat zu schreiben.
Einsicht in Sprache: der Schüler soll befähigt werden:
- - von den Texten ausgehend, Sprache auf den verschiedenen Ebenen (pragmatisch, textlich, semantisch-lexikal, morphosyntaktisch und phonologisch) zu untersuchen und Strukturen und Mechanismen zu erkennen und sie systematisch einzuordnen,
- - zu erkennen, welchen Beitrag zur Kommunikation außersprachliche (Gestik, Mimik, Körperhaltung, Intonation usw.) und nebensprachliche Elemente (Rhythmus, Akzent) leisten,
- - im Vergleich mit dem Deutschen die spezifischen kulturellen Elemente zu erfassen, die der italienischen Sprache eigen sind oder von ihr mitgetragen werden,
- - die besondere Sprachsituation Südtirols zu untersuchen, die durch das Nebeneinander von verschiedenen Sprachen und der wechselseitigen Beeinflussung des Deutschen, Italienischen und Ladinischen gekennzeichnet ist.
Wenn man darüber hinaus die besonderen Bedürfnisse der Zweisprachigkeit berücksichtigt, die sich aus der geographischen Lage und der historischen Tradition ergeben, so soll sich der Schüler auch eine Übersetzungskompetenz aneignen und insbesondere befähigt werden:
- - in Deutsch bearbeitete Texte mündlich und schriftlich auf Italienisch zusammenzufassen,
- - deutsche Texte auf Italienisch wiederzugeben und dabei auf die kommunikativen Inhalte zu achten,
- - einfache Texte aus dem Deutschen ins Italienische zu übersetzen und dabei die wesentlichen Merkmale zu beachten.
Inhalte
Die Wahl der Inhalte hat den besonderen Zielen des Zweitsprachunterrichts zu entsprechen und soll die aktive Teilnahme des Schülers ermöglichen, wobei von seinen persönlichen und sozio-kulturellen Erfahrungen auszugehen ist.
Verstehen und Sprechen
- - Vorgeschlagen wird die Beschäftigung mit der realen Welt, von der näheren, örtlichen bis zur ferneren, die auch von den Massenmedien angeboten wird und Aspekte italienischen Lebens und italienischer Kultur miteinschließt.
- - Es sollen Kommunikationssituationen bevorzugt werden, in denen sich die verschiedenen Sprachfunktionen verwirklichen und jene Sprachvarietäten anwenden lassen, welche der Erfahrungswelt und dem Bildungsgang der Schüler am nächsten liegen. Dafür ist ein entsprechend umfangreicher Wortschatz aufzubauen.
- - Verstehen und Sprechen dienen der Mitteilung von Informationen und darüber hinaus dem persönlichen Ausdruck von Gefühlen, Meinungen und Stellungnahmen; so wird man allmählich zu Texten gelangen, die vom sprachlichen und inhaltlichen Gesichtspunkt aus komplexer sind.
- - Insbesondere sind die verschiedenen Kommunikationsformen einzuüben, wie: die Konversation, die Diskussion, die Debatte, das Interview, freies Vortragen oder Vortragen mit Hilfe von Notizen oder Stichwortzetteln.
- - Auch das Hören in eindimensionalen Situationen soll geübt werden (z. B.: Massenmedien), und zwar an verschiedenen mehr oder weniger vorgeplanten Texten und zu verschiedenen Zwecken.
Lesen und Schreiben
Die Lesetexte sollen aktuelle Themen aufgreifen, welche die verschiedenen Bereiche italienischer Lebensweise und Kultur betreffen, um auch den Vergleich mit der lokalen Realität und der des deutschen Sprachraums zu ermöglichen.
Für das Leseverständnis und die Leseanalyse sollen gewählt werden:
- - fast ausschließlich authentische Gebrauchstexte (Briefe, Gebrauchsanweisungen, Werbetexte, Annoncen und Artikel, die mit Themen des mündlichen Unterrichts zusammenhängen und nach Schwierigkeiten zu differenzieren sind),
- - erklärende, informierende und argumentative Texte zu verschiedenen Themen.
Die Lesefreude wird besonders durch Texte - erzählende und dichterische Texte - gefördert, bei deren Auswahl Motivation und Bildungswert zu berücksichtigen sind.
Es ist vorteilhaft, wenn die Auswahl der Textsorten zusammen mit dem Muttersprachlehrer getroffen wird; dabei ist allerdings die sprachliche Kompetenz der Schüler in der Zweitsprache stets mitzuberücksichtigen.
Die von den Schülern geschriebenen Texte müssen sich nach Zielen und Adressaten und damit auch in den verwendeten sprachlichen Varietäten unterscheiden. Sie werden erzählende, normative, beschreibende, darstellende und argumentative Texte einbeziehen.
Vorschläge können sein:
- - die Neufassung von Texten in anderer Form, und zwar von unterschiedlichem Umfang und aus verschiedenen Gesichtspunkten als Paraphrase, Umschreibung, Nacherzählung,
- - Interpretationen und Kommentare zu Texten: Rezensionen von Büchern, Filmen und Theaterstücken,
- - freies Erarbeiten von persönlichen Erfahrungen und objektiven Informationen als Tagebuch, Dialog, Erzählung, Szenenfolge, Gedicht usw.
Einsicht in Sprache
Im Laufe des Bienniums muß Reflexion über Sprache aus einem kulturell und sprachlich übergreifenden Blickwinkel gesehen werden und folgendes berücksichtigen:
- - die Leistung der nonverbalen Ausdrucksmittel in der Kommunikation,
- - soziale (formelle/informelle Sprachregister) und geografische Sprachvarietäten,
- - Chancen und Probleme der äußeren Mehrsprachigkeit in Südtirol,
- - sprachliche Merkmale der verschiedenen Mittel: gesprochene und geschriebene Sprache, multimediale Formen,
- - verschiedene sprachliche Fassungen ein und derselben Sprechhandlung und ein und desselben Begriffs,
- - Zusammenhang und Folgerichtigkeit des Textes und Strukturen der verschiedenen Textsorten,
- - Wortschatz: Wortbildungen, Bedeutung der Affixe, Verhältnis zwischen lexikalischen Elementen, die zum gleichen Wortfeld gehören, usw.,
- - morphosyntaktische Strukturen (wesentliche Merkmale des Satzes und seiner Glieder, Satzbau, Aspekte der Formenlehre, der verschiedenen Wortkategorien),
- - das Lautsystem (zur Verbesserung der Aussprache und der Rechtschreibung).
Methodische Hinweise
Zu Beginn des ersten Jahres muß man vor allem das Ausgangsniveau der Schüler feststellen, die aus den verschiedenen Schulen kommen, indem man geeignete Mittel einsetzt (Einstufungstests, Raster für systematische Beobachtungen, verschiedene Übungen usw.), und darauf aufbauend muß man Sprache als System erarbeiten, um die Sprachkenntnisse und kommunikativen Kompetenzen der Schüler einander anzugleichen; diese Tätigkeit ist wahrscheinlich auf ein ganzes Jahr auszudehnen, wobei die Forderung nach didaktischer Differenzierung aufrecht bleibt.
Da die Motivation die unverzichtbare Voraussetzung effizienten Lernens ist, müssen die Inhalte der verschiedenen Tätigkeiten der psychologischen und sozio-kulturellen Wirklichkeit der Schüler und ihren Bildungsgängen entsprechen. Außerdem sind Methoden und Unterrichtsstrategien zu verwenden, die schon von sich aus motivierend wirken (mit Hilfe einer Didaktik von Arbeitsaufträgen und Projekten). Auch individuelle Lernstrategien fördern die Motivation, weil der Schüler dadurch das eigene Lerntempo und die eigenen kommunikativen Absichten verfolgen kann. Dazu können sorgsam gewählte Unterrichtshilfen und vor allem Materialien, die der Lehrer eigens gesammelt und aufbereitet hat, verwendet werden.
Damit man die festgelegten Ziele erreichen kann, muß man immer wieder Tätigkeiten mit kommunikativem Charakter einplanen, in denen die sprachlichen Grundfertigkeiten sowohl schriftlich als auch mündlich in verschiedenen Situationen und der Wirklichkeit entsprechend vorkommen. Der gesamte Lehr- und Lernprozeß muß auf den Grundgedanken ausgerichtet sein, daß Sprache handlungsorientiert über spezifische Tätigkeiten oder Übungen erlernt wird, in denen sie vom Schüler als Medium empfunden und nicht als unmittelbares Lernziel erfahren wird.
Der Lehrer muß unbedingt darauf achten, daß die Schüler sowohl über den Grund, warum eine spezifische Tätigkeit gewählt wurde, als auch über das Ziel, das man mit der Unterrichtstätigkeit erreichen will, immer informiert werden und sich dessen bewußt sind.
Hören: Bei den Übungen zum Hörverständnis sind auch die verschiedenen Medien zu verwenden, wobei entsprechend den Zielen unterschiedliche Strategien und Techniken anzuwenden sind (analytisches und kommunikatives Hören). Dabei ist es wichtig festzustellen, ob und inwieweit der Text verstanden wurde. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer sorgfältigen Auswahl der verwendeten Materialien. Die Schwierigkeiten beim Verstehen sind nicht allein auf Aspekte des Wortschatzes und der Satzlehre beschränkt, sondern schließen sowohl die sprachliche als auch kulturelle Distanz des Textes von der Wirklichkeit des Schülers mit ein und seine Unfähigkeit, geeignete Strategien des Verstehens anzuwenden. Die Schüler sollen daher daran gewöhnt werden, den Textzusammenhang auch aufgrund der außersprachlichen Elemente zu erfassen und differenzierte Hörstrategien zu entwickeln. Er kann nämlich seine Aufmerksamkeit je nach Texttyp und Höranlaß auf verschiedene Punkte konzentrieren, etwa auf die Situation, den Inhalt, die Haltung und die Absichten des Sprechers, auf die wichtigsten oder ganz spezifischen Informationen.
Sprechen: Mündliches Sprachhandeln fördert man dadurch, daß man den Lernenden Gelegenheit bietet, die italienische Sprache in kommunikativen Tätigkeiten zu zweit oder in der Gruppe zu verwenden: in Form von Sprachspielen, Dialogen, Simulationen, Rollenspielen und Gruppenarbeit zur Lösung von Problemen oder zur Verwirklichung eines Projektes. Besonders nützlich sind überdies in Form von Schüleraustausch oder schulergänzenden Tätigkeiten unmittelbare Kontakte mit italienischsprachigen Gesprächspartnern und Schülern, welche Sprechübungen in realen Kommunikationssituationen ermöglichen.
Ausgehend vom lebendigen Sprachgebrauch in der Situation, kann man die kommunikative Kompetenz verbessern, indem sich das Aneignen der Regeln eines Sprachkodes mit der Fähigkeit verbindet, diesen in bestimmten sozialen Zusammenhängen auch in bezug zu nichtverbalen Mitteln zu verwenden. Sprachdidaktisch gesehen heißt dies, daß der Unterricht Italienisch/Zweitsprache größere und komplexere Dimensionen annimmt, wobei die soziale Rolle des Sprechers, Ort und Zeit der kommunikativen Handlung, die sozio-kulturellen Bedürfnisse der Lernenden recht verschieden sein können.
Um formale oder sachliche Fehler der gesprochenen Sprache zu korrigieren, sollte man, wenn möglich, den Schüler nicht während des Sprechens unterbrechen; erst in einem zweiten Moment kann man das eventuell aufgenommene Gespräch abhören und mit dem betreffenden Schüler die Untergruppe oder die ganze Klasse in die Korrektur mit einbeziehen.
Lesen: Was zum Hörverständnis gesagt wird, gilt analog auch für das Lesen, daß nämlich die außersprachlichen Kenntnisse das Textverständnis bedeutend beeinflussen. Immerhin hat der geschriebene Text die Merkmale des Bleibenden und ermöglicht somit die Verwendung von ganz besonderen Strategien zur Förderung des Verständnisses, welche sich auf die Überprüfung der Vermutungen beziehen, die vor und während der Lektüre gemacht wurden. Deshalb wird man sowohl Erwartungen als auch Vermutungen zu dem Text anregen und den verschiedenen Zwecken entsprechend unterschiedliche Lesetechniken anwenden, wie zum Beispiel:
- - kursorisches Lesen, um ganz allgemein den Inhalt des Textes zu erfassen,
- - informierendes Lesen, um sich bestimmte Informationen zu beschaffen,
- - verstehend verarbeitendes Lesen, um den Text in seinen Einzelheiten zu begreifen,
- - kritisches Lesen, um Informationen und Schlußfolgerungen festzustellen und zu vergleichen.
Um den Sinn des Textes zu erfassen, sollte man das stille Lesen in Verbindung mit Einzel- und Gruppenarbeit wählen.
Besonders empfehlenswert ist es, die Schüler mit Strukturen und Örtlichkeiten bekanntzumachen (z. B. Bibliotheken, Buchhandlungen, Archiven usw.), welche auch das Lesen in der Zweitsprache als selbständiges Tun fördern und das Wahrnehmen persönlicher Interessen ermöglichen. Dieser Zugang erweitert außerdem die eigenen Kenntnisse im Sinne des interkulturellen Lernens.
Schreiben: Beim Schreiben ist der Zusammenhang zwischen rezeptiven und produktiven Fertigkeiten sehr eng; vom Lesen ausgehend und die besonderen Kennzeichen des Textes reflektierend, wird der Schüler die Möglichkeit haben, das Spezifische des geschriebenen Textes zu erkennen, die Eigenheiten der verschiedenen Textsorten herauszuarbeiten und die Regeln ihres Aufbaues festzustellen. Diese Vorarbeiten werden einen sicheren Zugang zur schriftlichen Sprachgestaltung gewährleisten.
Es gibt verschiedene Tätigkeiten, welche die Schreibfertigkeiten entwickeln helfen: jene, die sich mehr mit dem Formulieren befassen, erlauben es, sprachliche Mechanismen und Textstrukturen zu erlernen, und dienen als Vorbereitung für Tätigkeiten mit funktionalem Charakter, diese gewöhnen den Schüler daran, die Merkmale der verschiedenen Textsorten zu berücksichtigen, und verlangen auch eine größere Selbständigkeit. Dazu können von Nutzen sein: das Schreiben von Textabschnitten nach vorgegebenen Mustern, Aufsätze anhand von Anweisungen, Neuformulierungen von Texten unter Änderung einiger Situationsmerkmale, das Weiterschreiben von Erzählungen, freie Aufsätze usw.
Für die Gültigkeit eines jeden Textes ist Grundbedingung, daß er inneren und äußeren Zusammenhang und Folgerichtigkeit besitzt; daher ist bei den schriftlichen Übungen besondere Sorgfalt auf diese Kriterien zu legen, auch in Zusammenschau mit dem, was in der Muttersprache erarbeitet wurde.
Die Übungen, welche die Bündelung verschiedener Fertigkeiten vorsehen, führen die Schüler noch näher an den realen Sprachgebrauch heran. Dazu dienen vor allem Ergänzungstests (cloze), Diktate und das Fortschreiben von dialogischen und monologischen Texten. Aber es gibt auch noch andere Tätigkeiten von größerem kommunikativen Charakter, zum Beispiel.
- - zu gesprochenen Texten Notizen machen,
- - zu geschriebenen Texten Notizen machen,
- - einen Text aus Notizen rekonstruieren,
- - den Inhalt eines Dialogs mündlich oder schriftlich wiedergegeben,
- - gesprochene und geschriebene Texte zusammenfassen,
- - Interviews anhand von Fragebögen durchführen.
Die Fähigkeit, einen Text zusammenzufassen, hat einen besonderen Bildungswert, da sie verschiedenen Kompetenzen gleichzeitig anspricht, um zu einer gerafften und zusammenhängenden Endfassung zu gelangen, so z. B.: das Erkennen der wesentlichen Elemente des Textes und der Gebrauch komplexer Satzstrukturen.
Beim Diktat, das die Fertigkeiten des Verstehens und Schreibens vereinigt, ist es wichtig, daß es mit normalem Sprechtempo und in Sinneinheiten gelesen wird.
Um die kommunikativen Kompetenzen zu festigen, braucht das Biennium im Gegensatz zur Mittelschule eine größere Einsicht in das Regelsystem und eine genauere Kenntnis der Kommunikationskomponenten, der Regeln der Textkohärenz, der verschiedenen Bedingungen der geschriebenen und gesprochenen Sprache, der Sprachfunktionen und ihrer Variabilität.
Einsicht in Sprache
Einsicht in Sprache soll in der Regel im Vergleich mit Deutsch und eventuell mit den anderen Sprachen anhand von Texten erarbeitet werden. Sie darf nicht von den anderen Tätigkeiten, welche die Sprachfertigkeiten fördern, als isolierter Prozeß angesehen werden, noch darf sie sich darauf beschränken, formale Mechanismen zu präsentieren, sie muß im Gegenteil die Organisation der Begriffe aufdecken, die hinter diesen mechanischen Abläufen stehen.
Sich der Eigenheit der italienischen Kultur in einem systematischen Vergleich mit der deutschen Kultur bewußt zu werden, kann man auch über Sprachbetrachtung und Textanalyse erreichen. Im ersten Fall wird man auf der morphosyntaktischen und lexikalisch-semantischen Ebene arbeiten (zum Beispiel durch das Aufzeigen von gleichen oder verschiedenen Strukturen, von lexikalischen oder semantischen Übereinstimmungen oder Unterschieden). Im zweiten Fall wird die Textuntersuchung die offenen oder versteckten Informationen der verschiedenen Aspekte und Probleme des italienischen Lebens betreffen, zum Beispiel durch die Gegenüberstellung und Analyse von kommunikativen Situationen, in denen kulturelle Gemeinsamkeiten und Eigenheiten zu beobachten sind. Das unterstützt und fördert eine kritische Haltung, die ein Verständnis für Kulturen entwickelt, die sich von der eigenen unterscheiden, und darin eine Möglichkeit der persönlichen und sozialen Bereicherung erkennt.
Wenn man, wo es möglich ist, die formale Grammatik mit der funktionalen Grammatik, die auf die Bedeutung zielt, ergänzt, so wird man eine ganze Reihe von sprachlichen Erscheinungen erklären können, die sich auf andere Weise nur sehr schwer durchschauen lassen. Um eine Verwirrung der Schüler zu vermeiden, ist eine enge Zusammenarbeit vor allem in der Methode und Terminologie zwischen den Lehrern für Italienisch/Zweite Sprache, den Deutsch- und Fremdsprachlehrern wünschenswert.
Während der Gebrauch des zweisprachigen Wörterbuchs systematisch einzuüben ist, sollen die Schüler auch an den Gebrauch des einsprachigen Wörterbuches gewöhnt werden; man wird daraus ein vertrautes Hilfsmittel zur Bereicherung des Wortschatzes, zur Überprüfung der Rechtschreibung und Aussprache machen.
Für den Unterricht sollen alle verfügbaren Hilfsmittel verwendet werden: Tageslichtprojektor, Tonband, Videogerät, Fernsehen, Sprachlabor, EDV- Anlage usw. Die EDV-Anlage ist ein geeignetes Hilfsmittel zum Einüben der Rechtschreibung, für die Verbesserung der Lese- und Schreibfertigkeiten, für die Festigung der Sprachkompetenz, für die Wiederholung und Lernkontrolle. Flexible und didaktisch wertvolle Software und Autorensysteme können vielfältig eingesetzt werden.
Lernkontrolle und Bewertungsverfahren
Eine jede Kontrolle muß versuchen festzustellen, inwieweit die Schüler vor allem die kurz- und mittelfristigen Lernziele der Planung erreicht haben, sie muß die Gültigkeit der Methode, der Materialien und der Techniken des Lehrers überprüfen. Die Kontrolle hat summativen und formativen Wert, sie ist also das Mittel, das den Gang der Unterrichtstätigkeit lenkt und ordnet, sie informiert die Schüler über das Ausmaß ihrer Fortschritte, zeigt ihnen ihre eventuellen Lücken und weckt in ihnen die Fähigkeit der Selbsteinschätzung. Zu diesem Zweck ist es vorteilhaft, geeignete Hilfsmittel herzustellen, so z. B. Beobachtungsraster, welche die Schüler zu einer kontinuierlichen Reflexion über ihr Lernen führen.
Lernkontrolle kann sich einerseits systematischer und kontinuierlicher Verfahren bedienen, andererseits mehr sachlicher Mittel mit objektiven und subjektiven Prüfungsaufgaben.
Die Fehleranalyse ist ein wesentlicher Bestandteil der Lernkontrolle und ein diagnostisches Grundhilfsmittel für jede Aufholtätigkeit; dabei muß man zwischen einfachen Fehlern (zufälligen Abweichungen von der Norm auf verschiedenen Ebenen der Ausführung) und wirklichen Verstößen (tatsächlichen Lücken in der sprachlich-kommunikativen Kompetenz) unterscheiden.
Für die Kontrolle der rezeptiven Fertigkeiten sind die objektiven Prüfungsaufgaben geeignet, nicht hingegen für die produktiven Aspekte der Kommunikativen Kompetenz; dafür ist es ratsam, sich subjektiver Verfahren zu bedienen. Die Variablen, die mit diesen Verfahren zu überprüfen sind, sind zahlreich, daher sollte man von einem Raster ausgehen, der eine Reihe von Maßstäben enthält, welche die unvermeidbare Subjektivität ihres Einsatzes vermindern könnte.
Sachbezogene Prüfungsaufgaben sind vor allem zu Beginn für die Überprüfung der einzelnen Elemente der Sprachkompetenz notwendig; sie sind aber nur von Nutzen, wenn sie durch andere ergänzt werden, welche durch ihre umfassenderen Methoden die kommunikative Kompetenz der Schüler zu überprüfen vermögen, sowohl was die einzelnen Fertigkeiten betrifft (Hör- und Schreibverständnis, Hör- und Schreibproduktion) als auch Fertigkeiten komplexerer Natur (Konversation, Beantwortung von Briefen, Notizen usw.)
Die Kontroll- und Bewertungsverfahren sind in engerem Zusammenhang mit dem Erziehungsplan als integrierender Teil des Lehr- und Lernprozesses anzusehen. Zudem bestimmen sie maßgeblich das Lernverhalten des Schülers insbesondere gegenüber der zweiten Sprache und der Schule allgemein.