Die Entwicklung mathematischen Denkens beginnt bei den Kindern sehr früh. Die Reihenfolge und die Wiederholung von Ereignissen führen zu komplexen Formen der mentalen Darstellung, die durch die intrapersonale Kommunikation und die Qualität der Erfahrungen verstärkt werden.
Zu diesen Beobachtungen kommt hinzu dass die Mathematik zur Entwicklung von tiefen Kompetenzen beiträgt, die sich in der Sprache, im positiven Haltungen bei der Suche nach Lösungen in problematischen Situationen, in der Definition von kreativen und originellen Strategien zum Erfassen und dem Verständnis der Wirklichkeit ausdrücken.
Es reichen diese beiden kurzen Überlegungen aus, um mathematische Erfahrungen im Kindergarten zu rechtfertigen und als notwendig vorzusehen.
Man muss jedoch immer drei wesentliche Bezugspunkte berücksichtigen: die Kinder, die Mathematik und die Didaktik. Mit anderen Worten, wesentlich sind immer die Subjekte, die Kindergarten und in vielen anderen Situationen außerhalb des Kindergartens in einer kontinuierlichen Interaktion lernen, das mathematische Wissen als Disziplin, als organisierter und kodifiziert der Komplex von Kenntnissen, die Lernsituationen, so wie sie organisiert und angeboten werde.
Bereits mit drei Jahren, beim Eintritt in den Kindergarten, haben die Kinder, jedes mit individuellen Charakteristiken und Besonderheiten, ein Vermögen an Erfahrungen und sprachlichen, logischem und mathematischen Kompetenzen. Auch wenn die Kenntnisse, über die sie verfügen, ihre Art die Wirklichkeit zu entdecken und zu analysieren und die Formen des Denkens noch anders sind als jene der Erwachsenen, sind es trotzdem Kenntnisse und Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, Probleme anzugehen und zu lösen. Man muss auf jeden Fall von diesen ausgehenden und auf sie den Prozess der Weiterentwicklung ihres Wissens bauen.
Der Prozess der Konstruktion der grundlegenden mathematischen Kenntnisse und Kompetenzen entwickelt sich über eine lange Zeit. Zu Beginn bewegt er sich auf der informellen Ebene und im familiären und kulturellen Kontext dem das Kind angehört. Allmählich entwickelt er sich formeller und systematischer.
Die Kinder bauen sich selber tiefe, persönliche Modelle und Denkmuster sowohl der Dinge als auch der Beziehungen auf. In ihrem Entwicklungsprozess und dem Prozess der Konstruktion von Wissen lernen sie auch andere Modelle zu verwenden. Oft handelt es sich dabei nicht um eigene Modelle. Diese schaffen jedoch kein konsolidiertes Wissen solange daraus nicht eigene tiefe Muster entstehen. In problematischen Situationen, verwenden die Kinder Modelle oder realisierenden Strategien, die auf ihren zumeist nicht formellen Erfahrungen und ihrem Wissen und auf den Theorien, über die sie verfügen, ruhen. Dabei handelt es sich um Strategien, die als naiv bezeichnet werden können, aber dass sie die Grundlage für die folgenden Problem Lösungsstrategien sind und zur Konstruktion von Wissen beitragen, müssen sie immer stark berücksichtigt werden.
Bildungsziele und methodische Hinweise
Die Mathematiker trägt zur Heranbildung des Denkens in seinen verschiedenen Aspekten (Intuition, Vorstellung, Analyse, Hypothese und Ableitung, Planung, Kontrolle und Überprüfung) bei und hat einen spezifischen und allgemein gültigen erzieherischen Wert. Dies wird von allen anerkannt. Aufgrund dieser Möglichkeiten kann man sie als eine Form des Wissens bezeichnen, die in fast allen Aktivitäten des Menschen, seien sie praktischer oder nur sprachlicher Natur, präsent ist. Gerade deswegen darf sie im Kindergarten nicht als eine Menge von Bezeichnungen von „Dingen“ ohne „Struktur“ oder als sein bereits kodifiziertes Wissen eingebracht werden. Sie ist eine signifikante, konkrete und praktische Erfahrung, deren Ziel es ist, das was die Kinder bereits als Grundkompetenzen zur Verfügung haben, weiter zu verstärken und zu entwickeln.
Für die Kinder sind somit nicht die Disziplin deren Inhalte wichtig, sondern die verschiedenen Erfahrungen, mit all ihrer Komplexität, die problematische Situationen denen sie begegnen, die Herausforderungen, die entstehen, wenn man mit verschiedenen Lösungen unterschiedliche Resultate erhält.
Die Bereiche, in die sich die Mathematik traditionell aufgegliedert und die hier in der Folge als Schlüsselwörter angeführt werden, dürfen nicht als selbstständige Teile mathematischen Wissens betrachtet werden, sondern als Aspekte die untereinander in Beziehung stehen und die sich alle gemeinsam als Mittel zur Analyse der Wirklichkeit anbieten.
Logik
Nach einer verbreiteten Meinung sucht die Logik nach korrekten Formen des Denkens. Bevor man sich im Kindergarten mit der Logik von Aussagen und den Gebrauch von Bindewörtern beschäftigt, sollten die Kinder zu einem bewussten Gebrauch der allgemeinen Sprache angeleitet werden. Wenigstens zu Beginn kann die Logik als ein Instrument verstanden werden, dass uns beim Sprechen, Argumentieren und beim vernünftigeren und bewussten erkennen der Welt unterstützt.
Man unterstützt die Herausbildung logischen Denkens, wenn man den Kindern hilft, einfach, klar, bedeutungsvoll und syntaktisch korrekt zu sprechen. Auch dürfen Fertigkeiten, die mit den sprachlichen Erfahrungen verbunden sind, nicht vernachlässigt werden: sich entscheiden können, Eigenheiten erkennen können, Beziehungen schaffen können, die Voraussetzungen einer Situation analysieren und die Folgen daraus ziehen können; anscheinend einfache Wörter verwenden können wie zum Beispiel Bindewörter und Mengenbezeichnungen.
Wahrscheinlichkeit und Statistik
Im Prozess der Entwicklung des logischen Denkens darf sich der Kindergarten nicht auf eine zweiwertige Logik (richtig-falsch) beschränken. Der größte Teil der Probleme im wirklichen Leben stellen offene Probleme dar. Bei vielen davon hängt der Ausgang vom Zufall ab. Um Situationen dieser Art anzugehen, nimmt man die Wahrscheinlichkeit einer gewissen Lösung an. Hierzu braucht es besondere Wege der Analyse und der Entscheidungen.
Bereits im Kindergarten ist es deswegen sinnvoll und notwendig, Erfahrungen anzubieten, die auf intuitive Art und Weise Zufall und Wahrscheinlichkeit vorsehen. Dabei lernen die Kinder auch die Sprache, um dies auszudrücken.
Mit den Erfahrungen der Wahrscheinlichkeit, und nicht nur mit diesen, sind die Mittel der Statistik verbunden. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll, dass die Kinder Beobachtungen durchführen und interpretieren, einfache Erhebungen und ihre statistische Darstellung versuchen, damit sie so die Daten ihrer Analyse und die Fakten der Wirklichkeit vergleichen können.
Raum
Die Kompetenz, den Raum zu erfassen, besteht nicht so sehr in der Bezeichnung von Dingen, wie eine konventionelle Form haben. Es geht vielmehr um eine mentale Entdeckung und Darstellung des Raumes, der Konstruktion von Bezugsmustern, von Analyseinstrumenten, von Beschreibungen und Anwendungen. Insbesondere bietet die Geometrie für die letzten beiden Aspekte einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung von logisch-formalen Fertigkeiten.
Im Kindergarten geht es jedoch, vor jeglicher Begegnung mit der Geometrie, um eine konstante und signifikante Arbeit an Raumerfahrungen: Orientierung und Erfahrung im Raum und an Dingen. Es ist genau so sinnvoll, die Fähigkeit entwickeln, die Eigenschaften von Dingen und Figuren zu entdecken, indem man sie in Beziehung zueinander setzt und Veränderungen erkennt oder auch wahrnimmt, was nach Veränderungen gleich geblieben ist.
Zahl
Was die Entdeckung der Zahlenwelt und die Begegnung mit der Arithmetik betrifft, besteht die tragende Idee darin, die Kompetenzen, über die die Kinder bereits verfügen, zu entdecken, sie aufzuwerten, sich sprachlich zu beschreiben, sie spielerisch beziehungsweise durch das Spiel weiterzuentwickeln und darüber bewusstes Nachdenken anzuregen.
Zwischen dem dritten und dem fünften Lebensjahr Entdecken die Kinder auch die Funktion einer geschriebenen Zahl. Der Kindergarten greift in diesem Prozess einen und begleitet die Kinder in der Entdeckung und dem ausprobieren verschiedener, noch naiver Strategien der Darstellung von Mengen, der Veränderung von Mengen, ohne konventionelle Symbole aufzuzwingen.
Maße
Mittels zahlreicher Tätigkeiten des Vergleichs von diskreten und unendlichen Mengen (Zeitintervalle, Längen, Breiten, Massen und Volumen) entsteht die Vorstellung des Maßes. Das Messen ergibt sich in vielen Momenten der täglichen Arbeit und es reicht aus, diese Aktivität bewusst zu machen. Das Schätzen ist eine wichtige Tätigkeit, oft geht es dem Messen voraus oder begleitet es. Die kann sowohl einen pädagogischen wie auch praktischen Grund haben.
Die Erfahrungen mit dem Messen wenden die Aufmerksamkeit auf konventionelle Maßeinheiten. Diese werden jedoch nur verwendet, wenn den Kindern die Funktion der Maßeinheiten klar ist und sie vorher eigene, persönliche Maßeinheiten verwendet haben und erst später in der Gruppe die konventionellen gebrauchen.
Die allgemeinen oder spezifischen Lernerfahrungen, die im Kindergarten vorgeschlagen werden, müssen nicht nur auf das Kind bezogen sein, sondern müssen auch Freude machen und die Grundlagen des Wissens betreffen. Mit den Grundlagen meinen wir einem Substrat, der eine Geisteshaltung hervorbringt, die das Kind zur rechten Zeit befähigt, komplexe mathematische Inhalte zu entdecken. Sie müssen Freude bereiten, damit vermieden werden kann, dass die Mathematik zu einem langweiligen Training wird.
Das abstrakte Denken entsteht aus konkretem Beobachtungen und Handlungen und das konkrete Handeln entsteht aus Ideen und Projekte. In dieser Optik muss jegliche Bautätigkeit aufgewertet werden, die von Entdeckungen und Versuchen begleitet werden.
All diese Erfahrungen führen zur Entwicklung von logischen Fertigkeiten und diese dienen dem Aufbau von disziplinären Kompetenzen.
Die Notwendigkeit eines größtmöglichen Respekts des „ Denkens“ der Kinder muss unterstrichen werden, auch wenn sie dabei Fehler machen, ungenau und unsicher sind. Untersuchungen brauchen Geduld: Oft muss man von neuem beginnen, besser hinschauen, erneut probieren, auf Indizien achten und Erklärungen finden.
Auf jeden Fall muss der Kontext, in welchem die vorgeschlagenen Lernerfahrungen stattfinden, mit Sorgfalt ausgewählt werden. Wegen ihrer Effizienz wird auf folgende hingewiesen: das Spiel, die Geschichten, das Entdecken und das Bauen.
Dem Spiel kommt in sämtlichen Erfahrungen der Kinder eine besondere strategische Rolle zu, es ist gerade bei Aktivitäten der Mathematisierung von grundlegender Bedeutung. Im Spiel treffen die Freude und der Einsatz zur Lösung von Problemen, die das Spiel selber stellt, zusammen. Es betrifft Anstrengung und Entspannung, darstellende und symbolische Funktionen. Außerdem lernt man im Spiel in Situationen, die keiner externen Motivation bedürfen.
Mehr noch als dem Spielen – sie müssen immer mit Sorgfalt und mit Hinblick auf die Ziele des Kindergartens ausgewählt werden – muss eine große Aufmerksamkeit den Kindern gewidmet werden, die spielen. Dabei muss die ständig vorhandene Gefahr vermieden werden, etwas als „Spiel“ zu betrachten, was kein Spiel ist, das Ergebnis wichtiger als den Prozess einzustufen, den großen Erfahrungsreichtum, den die Kinder beim Spiel erwerben, nicht zu berücksichtigen.
Die Erfahrungen zu den verschiedenen Themen können teilweise durch eigene Aktivitäten erworben werden, viel effizienter läuft dieser Erwerb ab, wenn sie in einem größeren Erfahrungsrahmen getätigt werden.
Die didaktische Planung sieht zwar auch Vorschläge für gemeinsame Erfahrungen der ganzen Gruppe vor, es ist jedoch immer sinnvoll, jegliche Steifheit zu vermeiden und jedem Kind einen persönlichen Raum zuzusichern, der seinen Entwicklungsbedürfnissen auf kognitiver wie auch auf emotionaler Ebene entspricht.
Der Prozess der Mathematisierung der Welt, wie ihn der Kindergarten vorschlägt, kann alle Kinder mit einbeziehen, vorausgesetzt dass der Respekt der Zeiten und der Art jedes einzelnen berücksichtigt wird und jene Ressourcen aktiviert werden, die es immer gibt, auch wenn sie als unzureichend erscheinen.
Mathematik und Sprache
Bereits vorher wurde mehrmals auf die Funktion der Sprache verwiesen. Diese Funktion geht quer durch alle Erfahrungen und Fächer. Sie ist für den Aufbau mathematischen Wissens von grundlegender Bedeutung.
Eine Erfahrung erzählen können, einen Gegenstand oder eine Situation beschreiben können, für die eigenen Gründe Argumente finden können, die eigenen Ideen darstellen können, überzeugen können, sind Grundkompetenzen. Die Sprache braucht man aber auch, wenn man Dinge bezeichnen will, seine Ideen in Ordnung bringen möchte, Eigenschaften, Vermutungen und Hypothesen darstellen möchte, wenn Begriffe definiert werden.
Wie man weiß kontinuierlich, interagieren Sprache und Denken kontinuierlich. Fast immer entsteht das Verständnis einer Situation über die Sprache, die Begegnung, Dialog und Zusammenarbeit zwischen den Gesprächspartnern impliziert.
Eine Konstante Aufmerksamkeit muss endlich der effektiven Übermittlung des Inhaltes und nicht der formalen Korrektheit gewidmet werden. Dies gilt sowohl wenn die mündliche Sprache verwendet wird, der eine vorherrschende Bedeutung zukommt, aber auch wenn viele und verschiedene nichtsprachliche Ausdrucksformen verwendet werden.