Kinder lernen von Anfang an und begegnen der Welt als Forschende. Die vorliegenden Rahmenrichtlinien beruhen auf einer Bildungsphilosophie, die das kindliche Lernen als ganzheitlichen Prozess begreift. Fühlen, Erleben, Denken, Erfahren und Handeln gehören untrennbar zusammen. Kinder erschließen sich ihre Umwelt mit allen Sinnen, in Interaktion mit den pädagogischen Fachkräften, ihren Eltern, anderen Bezugspersonen und anderen Kindern. Jungen und Mädchen sind somit Mitgestalter ihrer Entwicklung und co-konstruktive Mitbegründer ihrer Realität. Sie sind von Anfang an eingebettet in komplexe soziale Interaktionen. Die vielfältigen Rückkoppelungsprozesse bewirken, dass Bildung nicht linear, sozusagen von einem Lernschritt zum anderen verläuft, sondern in eine komplexe Realität eingebettet ist. Dies bedeutet, dass Lernen sowohl Ergebnis gezielt organisierter als auch formeller und informeller Bildungsprozesse ist. Lern- und Bildungsprozesse stehen im Dienst kindlicher Entwicklung. Lernen wird als Voraussetzung für die Förderung kindlicher Entwicklung und für die kindliche Bildungsbiografie angesehen. Kindliches Lernen wird demnach nicht aus der Alltagserfahrung des Kindes herausgelöst. Es ist stets in die kindlichen Lebenssituationen eingebettet und berücksichtigt somit auch die kontextuellen Gegebenheiten der jeweiligen Lernsituationen mit.
Jedes Mädchen und jeder Junge hat ein Recht auf einen eigenen Entwicklungsweg, Lern- und Lebensrhythmus. Entscheidend für eine positive Entwicklung des Kindes ist die Bereitschaft der Erwachsenen, seiner natürlichen Lernfreude einen lernintensiven Rahmen für die individuelle, spielerische Auseinandersetzung mit der Welt zu bieten und sich gemeinsam mit ihm auf Entdeckungsreise zu begeben und gemeinsam Wissen und Sinn zu generieren. Kindliches Lernen ist auf die Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte und anderer Interaktionspartner angewiesen. Eine professionelle Gestaltung von Bildungsprozessen trägt nicht nur zur Optimierung kindlicher Entwicklung bei, sondern auch dazu, dass das Kind lernen kann, mit den Kulturwerkzeugen wie der Schrift, den Zahlen und den neuen Medien sinnvoll umzugehen. Durch das Angebot lerntheoretisch begründeter, pädagogisch-didaktisch entwicklungsangemessen aufbereiteter und mit den Kindern gestalteter Bildungsprozesse kann jedes Kind persönliche Lernerfolge erzielen. Entscheidend für den Lernerfolg ist das Anknüpfen an die individuellen Erfahrungen, an das bisher erlangte Wissen und Können der Kinder. Bestmögliche Lern- und Entwicklungschancen zu bieten bedeutet, Bildung in erster Linie auf die Stärkung positiver Entwicklung hin zu orientieren und Mädchen und Jungen in ihrer gesamten Persönlichkeit zu unterstützen.