Die Natur fällt die Entscheidung, ob ein Kind als Mädchen oder als Junge zur Welt kommt, und gibt damit die biologische Geschlechtszuordnung eines Menschen vor. Das soziale oder kulturelle Geschlecht unterliegt hingegen gesellschaftlichen Bedingungen. Was es bedeutet, weiblich oder männlich zu sein, dies bestimmt weitgehend der Einfluss des Kulturraums und der Gesellschaft, in denen ein Mädchen oder ein Junge aufwächst, und die damit verbundenen geschlechterspezifischen Erfahrungen. Die Geschlechterrollen weisen eine spezifische Typologie auf, die sich in männlichen und weiblichen Verhaltensnormen, in Sitten, Gebräuchen und Vereinbarungen zeigt. Für die Entwicklung der Geschlechtsidentität sind die Jahre der frühen Kindheit sowie die Erfahrungen in Familie und Kindergarten von großer Bedeutung. Kinder setzen sich intensiv mit den Fragen auseinander, was es heißt, ein Mädchen oder ein Junge zu sein. Sie erleben, welche Rolle sie als Mädchen oder als Junge einnehmen dürfen und wollen wissen, welche ihrer Wünsche und Vorstellungen realisierbar sind. Ihre Antworten sind abhängig von den Vorbildern in der Familie, vom Geschlechtsrollenvorbild im Kindergarten und in den Medien sowie von den geschlechterbezogenen Erwartungen ihres Umfeldes. Im Austausch mit anderen entwickeln Mädchen und Jungen ihre soziale Geschlechtsidentität.
Das Kind entwickelt eine eigene Geschlechtsidentität, mit der es sich sicher und wohl fühlt. Der Kindergarten bietet dafür einen geeigneten Rahmen und gibt den Mädchen und Jungen die Gelegenheit, einengende Geschlechterstereotypen zu erkennen und traditionelle sowie kulturell geprägte Mädchen- und Jungenrollen kritisch zu hinterfragen. Mädchen und Jungen erwerben ein differenziertes und vielfältiges Bild der möglichen Rollen von Männern und Frauen. Die pädagogischen Fachkräfte reflektieren diesbezügliche Prozesse in der Gruppe und eröffnen den Jungen und Mädchen Möglichkeiten zur individuellen Konstruktion. Sie richten ihr Augenmerk insbesondere auf Gruppenprozesse, die einengend auf das Kind wirken.