(1) Die Ableitung von Zug- bzw. Biegezugbeanspruchungen von bewehrten hin zu unbewehrten Betonabschnitten ist zu vermeiden. Daher darf zur Vermeidung von Sprödbruch zwischen einem bewehrten Bereich und dem lastabtragenden Auflager keine Verringerung des Bewehrungsgehalts unterhalb der Grenze der Mindestbewehrung, wie in Artikel 1 Abbildungen 1 und 2 der Anlage A dargestellt, erfolgen.
(2) Bei Bauteilen mit Flächentragwirkung, wo aufgrund der Bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit keine Bewehrung erforderlich ist, darf unbewehrter bzw. gering bewehrter Beton nach folgenden Regeln angewandt werden:
- Bauwerke der Schadensfolgeklassen CC1 und CC2 dürfen unbewehrt bzw. gering bewehrt ausgeführt werden,
- Bauwerke der Schadensfolgeklasse CC3 sind bewehrt auszuführen. Bei Einhaltung der konstruktiven Vorschriften laut diesem Artikel 4 und der Maßnahmen zur Rissbreitenbegrenzung laut Artikel 5 dürfen Schutzbauwerke der Schadensfolgeklasse CC3 gering bewehrt ausgeführt werden.
(3) Die Bauwerke werden wie folgt zu den Schadensfolgeklassen zugeordnet:
- Bauwerke, deren Versagen nur mittlere oder geringe (lokale) Auswirkungen auf das Verbauungssystem bzw. auf die geschützten Bereiche hat, sind den Schadensfolgeklassen CC1 und CC2 zuzuordnen,
- Bauwerke, deren Versagen große Auswirkungen auf das Verbauungssystem oder die geschützten Bereiche hat, sind der Schadensfolgeklasse CC3 zuzuordnen. Eine gering bewehrte Ausführung ist nur zulässig, wenn die dynamischen Einwirkungen vernachlässigt werden können.
(4) Die Bewehrungsabstufung muss in jenen Bauteilbereichen, in denen die Mindestbewehrung unterschritten wird, folgende, auch in Artikel 2 der Anlage A dargestellte Kriterien zu erfüllen:
- die Reduktion der Bewehrungsfläche sollte je Bewehrungsabstufung 50 Prozent nicht überschreiten,
- der Abstand zwischen zwei Abstufungen sollte mindestens 100 cm sowie mindestens die statische Nutzhöhe des Querschnitts d (Nutzhöhe laut Norm UNI EN 1992-1-1) betragen.
(5) Bauwerke in unbewehrtem Beton dürfen ausgeführt werden, wenn die Nachweise laut den folgenden Buchstaben a) und b) erbracht werden. In allen anderen Fällen ist zumindest ein gering bewehrter Beton gemäß Absatz 7 anzuwenden.
- Die aufnehmbare Normalkraft (unter Berücksichtigung der Lastausmitte) des unbewehrten Querschnitts NRd (ermittelt nach UNI EN 1992 1 1 Abschnitt 12.6) muss größer sein als die Normalkrafteinwirkung Nsd,
- bei unbewehrten Bauteilen ist in den horizontalen Arbeitsfugen für jede Bemessungssituation nachzuweisen, dass bei charakteristischer Normalkraft und unter Berücksichtigung des Wasserdrucks in der Fuge an der Zugseite kein Riss mit einer Tiefe a von mehr als der halben Querschnittshöhe h/2 entsteht (siehe Artikel 3 Abbildung 1 und Artikel 4 Formel 1 der Anlage A). Die dabei errechnete verbleibende Querschnittshöhe (Gesamtquerschnittshöhe h - Risstiefe a) muss die einwirkenden Schubkräfte gemäß Artikel 4 Formel 2 der Anlage A übertragen können.
(6) Wird in einem Bauteilbereich keine Bewehrung eingelegt, so braucht der Nachweis der Grenzwerte für die Dauerhaftigkeit der Bewehrung (Rissbreitennachweis) nicht geführt zu werden.
(7) Die Mindestbewehrung in gering bewehrtem Beton kann nach den Grundsätzen laut Artikel 4 Abbildung 1 der Anlage A abgemindert werden. Als Optimierung der Mindestbewehrung für biegebeanspruchte massige Bauteile wird der Ansatz des normativen Dokuments ONR 24802 herangezogen, bei dem die Mindestbewehrung mit der Quadratwurzel aus dem Verhältnis Bewehrung im Grenzzustand der Tragfähigkeit zur Mindestbewehrung, wie in Artikel 4 Formel 3 der Anlage A dargestellt, abgemindert wird.
(8) In nicht bewehrten oder gering bewehrten Bauteilen ist zur Dauerhaftigkeit der Bewehrung eine rissverteilende Bewehrung einzulegen. Diese rissverteilende Bewehrung darf verringert werden, wenn die in Artikel 5 genannten Maßnahmen zur Rissbreitenbegrenzung eingehalten sind.