(1) Hat der unmittelbare Vorgesetzte Kenntnis von einer disziplinarrechtlichen Übertretung, wofür eine höhere Strafe als der Verweis vorgesehen ist, muß er unverzüglich die notwendigen Erhebungen durchführen und den Direktor der Personalabteilung sowie den eigenen Vorgesetzten davon in Kenntnis setzen. Die entsprechenden Unterlagen sind an den Direktor der Personalabteilung zu übermitteln, der weitere Erhebungen veranlassen kann.
(2) Innerhalb der folgenden Fallfrist von 40 Tagen ab der Mitteilung laut Absatz 1 nimmt der Direktor der Personalabteilung die schriftliche Vorhaltung der Anschuldigung gegenüber dem betroffenen Bediensteten vor oder setzt ihn über die gegen ihn laufenden Erhebungen disziplinarrechtlicher Natur in Kenntnis.
(3) Der Bedienstete kann innerhalb der folgenden zwanzig Tage seine Gegendarstellung vorbringen. Dem Bediensteten oder dem von ihm bevollmächtigten Verteidiger ist es außerdem gestattet, Einsicht in alle Unterlagen der Erhebungen zu nehmen, die das gegen ihn eingeleitete Verfahren betreffen.
(4) Gleichzeitig mit der Vorhaltung wird der Bedienstete vom Direktor der Personalabteilung vorgeladen, damit er sich rechtfertigen kann. Er kann sich von einer Person seines Vertrauens bei der Anhörung begleiten lassen.
(5) Nach der Anhörung des Betroffenen durch den Direktor der Personalabteilung verhängt dieser die Disziplinarstrafe oder verfügt die Archivierung und setzt den Betroffenen und den unmittelbaren Vorgesetzten davon in Kenntnis. Kann der Betroffene der Vorladung aus einem triftigen Grund nicht Folge leisten, so erfolgt eine weitere Vorladung. In diesem letzten Fall kann die Frist von einem Jahr laut Absatz 6 mit Dekret des Direktors der Personalabteilung entsprechend verlängert werden.
(6) Das Disziplinarverfahren erlischt, falls es innerhalb eines Jahres ab dem Tag, an dem die Personalabteilung laut Absatz 1 in Kenntnis gesetzt wird, nicht gemäß Absatz 5 abgeschlossen wird, außer es erfolgt die Aussetzung im Sinne des Artikels 14 oder um dem Betroffenen, falls er von einem psycho- physischen Leiden betroffen ist, die Möglichkeit zu geben, sich innerhalb der angegebenen Frist einer Therapie zu unterziehen. Im Falle der Aussetzung des Disziplinarverfahrens läuft die genannte Jahresfrist ab dem Tag der Wiederaufnahme desselben.
(7) Gegen das Dekret, das die Disziplinarstrafe verhängt, kann der Betroffene gemäß den geltenden staatlichen Bestimmungen innerhalb einer Fallfrist von 20 Tagen ab dessen Zustellung oder Kenntnis Aufsichtsbeschwerde bei der im Artikel 19 des Landesgesetzes vom 10. August 1995, Nr. 16, vorgesehenen Schlichtungskommission einreichen. Diese entscheidet innerhalb von neunzig Tagen nach der Anfechtung. Bis zur Durchführung der Entscheidung durch die Verwaltung bleibt die Disziplinarstrafe ausgesetzt.
(8) Bei der Verhängung der Disziplinarstrafen werden folgende allgemeine Kriterien berücksichtigt:
- a) Vorsätzlichkeit im Handeln, Grad der gezeigten Nachlässigkeit, Unvorsichtigkeit oder Unerfahrenheit, wobei auch die Vorhersehbarkeit des Ereignisses zu bewerten ist,
- b) Bedeutsamkeit der verletzten Pflichten,
- c) die mit der jeweiligen Arbeitstätigkeit verbundene Verantwortung,
- d) Höhe des der Verwaltung, den Bürgern oder Dritten zugefügten Schadens oder das Ausmaß der Gefahr, in welche diese gebracht wurden, oder der Grad der Beeinträchtigung des Dienstes,
- e) Vorliegen von Strafmilderungs- oder Strafverschärfungsgründen, unter besonderer Berücksichtigung des Verhaltens des Bediensteten, der früheren Disziplinarstrafen innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen zwei Jahre und des Verhaltens gegenüber den Bürgern,
- f) Mittäterschaft mehrerer Bediensteter nach Absprache,
- g) Höhe und die Angemessenheit der Strafen in bezug auf die Schwere der Übertretung.
(9) Aufgrund der im Absatz 8 genannten Kriterien kann auch eine schwerere oder weniger schwere Strafe von den in Abschnitt II vorgesehenen Strafen verhängt werden.